Studiengangsinitiative für Philosophie und Gesellschaftsgestaltung

Selbstbestimmt Studieren e.V.

Kueser Akademie für Europäische Geistesgeschichte

Foto: Hannes Kutza, Odernheim 2020

Ort: Sonnerden bei Fulda, Machern
Seit: 2017/18
Bis:
Aktiv in: Lehre; Netzwerke aufbauen; Prozessgestaltung
Kategorien: Forschungsgruppen und -projekte; studentische Initiativen; Studiengänge
Website

Das übergeordnete Ziel eurer Arbeit:

Wir sind dabei, einen interdisziplinären, akkreditierten Studiengang aufzubauen, der uns befähigt, in Krisenzeiten Verantwortung zu übernehmen für unser Denken und Handeln. Diesen Bildungsweg wollen wir selbstbestimmt und in Kooperation mit der bestehenden Hochschullandschaft umsetzen.

 

Beschreibt in bis zu 100 Worten, wer ihr seid und was ihr macht:

Wir sind eine Initiative von etwa 30 jungen Menschen, die neue, zukunftsfähige Formen des Studierens erproben.

Seit dem Jahr 2017 sind wir am Aufbau eines selbstbestimmten Studiengangs in Philosophie und Gesellschaftsgestaltung, den wir gleichzeitig studieren und organisieren. Unser Bildungsweg soll uns befähigen, die Probleme unserer Zeit zu verstehen und diesbezüglich handlungsfähig zu werden.

In der Theorie beschäftigen wir uns mit den Fragen des Menschseins, mit neuen Wirtschaftsformen, dem Aufbau eines Staates, Umbrüchen in der Gesellschaft und Methoden des Projektmanagements. Im praktischen Aufbau des Studiengangs wenden wir die gelernten Methoden direkt an.

Wir kooperieren mit dem Philosophischen Seminar der Kueser Akademie für Europäische Geistesgeschichte, welche uns hautsächliche in Lehre, Verwaltung und der Organisation des Studiengangs begleitet.

Im Jahr 2019 hat ein Pionierjahrgang als Zertifikatsstudiengang auf Bachelor-Niveau gestartet, welcher auf dem Weg unterschiedliche Konzepte des Lernens und Lehrens ausprobiert hat.

Der Studiengang soll akkreditiert und als selbstbestimmter Bildungsweg in der bestehenden Hochschullandschaft eingebettet sein. Dafür sind wir aktuell in ernsten Verhandlungen mit einer Hochschule, die unser Anliegen unterstützt.

 

3 thematische Schwerpunkte eurer Arbeit:

Theoretische Arbeit in Philosophie, Bildung, Politik, Sozialwissenschaften und Projektmanagement

Praktische Arbeit in der Planung und Umsetzung unseres Studiengangs

Wir sind fragend auf dem Weg zwischen Realität und Utopie, immer in Kontakt mit den aktuellen gesellschaftlichen Diskursen und Herausforderungen.

 

Beschreibt eure Aktivitäten in zehn Stichworten:

Netzwerkarbeit mit der Bildungslandschaft und Akteur*innen des gesellschaftlichen Wandels

Als Studierende einen Modulplan und Modulhandbuch schreiben

Fundraising und Stiftungskooperationen

Neue Formen der Lehre und des Lernens erforschen und erproben, Weiterentwicklung unseres selbstbestimmten Bildungskonzepts

Rechtliche Verhandlungen mit Hochschulen, Dialog mit Menschen aus der Hochschullandschaft

Prozessgestaltung innerhalb der Initiative, Erproben von Transformationsmethoden

Selbstbestimmt Studieren auf Augenhöhe mit den Dozierenden (inhaltlich)

Öffentlichkeitsarbeit, um die Idee sichtbar zu machen

Akkreditierung unseres Studiengangs

Einrichtung eines eigenen Bildungshauses in Sonnerden

Noch vieles Mehr! 😊

Wo würdet ihr eure Praxis verorten zwischen…

2 Table Header

Nische            

Gesamt-
gesellschaftlicher
Gegenentwurf

Wir wollen neue Formen des Sich-Bildens aufzeigen, sind im Moment noch eher Nische mit viel Potenzial…

2 Table Header

Wissenschaft

Aktivismus

Wir wollen wissenschaftlich fundiert aktivistisch tätig werden. Die Lücke zwischen Aktivismus und Wissenschaft versuchen wir zu schließen.

2 Table Header

Ehrenamt       

Hauptamt

Die meiste Arbeit geschieht ehrenamtlich, allerdings bezahlen wir unsere Dozent*innen und einige von uns sind als studentische Hilfskraft angestellt, um von der Projektarbeit leben zu können.

2 Table Header

Realpolitik      

Utopie

Wir suchen immer nach dem nächsten real umsetzbaren Schritt auf dem Weg in Richtung Utopie…

2 Table Header

Etabliert          

Newcomer

Wir sind 4 Jahre unterwegs, aber immer noch in der Aufbauphase.

2 Table Header

Top-down      

Bottom-up

Wir wollen die Hochschullandschaft von innen her als Leuchtturmprojekt verändern.

Mit welcher eurer Aktivitäten aus der letzten Zeit seid ihr besonders zufrieden und warum?

Die Verhandlungen mit der Hochschule laufen sehr gut. Da die Hochschule unser Anliegen der selbstbestimmten Bildung sehr unterstützt, sind wir freier in der Kooperation als wir es uns erhofft haben. Die Akkreditierung kommt schnell in die Gänge und wir bekommen bald einen dritten Jahrgang. Langsam haben wir Formen für Lehre, Lernen und interne Planungsprozesse entwickelt, die funktionieren und allen Studierenden die Mitgestaltung des Bildungswegs ermöglichen. Durch viele engagierte Studierende sind die gesellschaftlichen Fragen sehr präsent in der Gruppe und wir diskutieren viel während der Seminare. In Sonnerden haben wir seit April ein eigenes Gebäude gemietet, welches uns einen Raum bietet, den wir selbst für unsere Bildung gestalten können. Gleichzeitig sind in Sonnerden einige progressive Unternehmen vor Ort, mit denen wir im Dialog sind und einiges lernen können.

 

Welche Aktivitäten habt ihr als nächstes geplant?

Im kommenden Semester steht viel an: Wir werden in den Akkreditierungsprozess gehen mit allem was dazu gehört: Marktstudie, Evaluation unseres Studiengangs, die Weiterentwicklung unseres Studiengangskonzeptes, die Weiterentwicklung des Gesellschaftsgestaltungsteils unseres Bildungswegs, die Finanzierung und Planung der nächsten Semester, Netzwerkarbeit in der Hochschulwelt, Studierendenwerbung, Öffentlichkeitsarbeit, interne Prozesse uvm.

 

Zu welchem Thema würdet ihr gerne arbeiten oder aktiv werden, wenn ihr keinen praktischen Einschränkungen (z.B. Finanzierung, Zeit) unterläget?

Wir würden vermutlich noch mehr außerkurrikulare Seminare organisieren, in denen wir Themen und Fragen vertiefen können, die sich auf dem Weg gestellt haben. Dazu gehört Permakultur, Aktionskunst, Wirtschaftssysteme, Staat und Recht, Identitätspolitik, philosophische Fragen, Wissenschaftskritik etc.

Welche zentrale Lernerfahrung habt ihr in eurer Arbeit zu Transdisziplinarität und transformativer Wissenschaft gemacht?

Praxis und Theorie können gut ineinandergreifen! Wenn wir uns theoretisch z.B. mit ethischen Fragestellungen beschäftigen, beeinflusst das unsere Entscheidungen innerhalb der Planungsprozesse. Oft beantworten theoretische Seminare Fragen, die sich auf praktischer Ebene gestellt haben und andersherum kommen Fragen aus der Praxis in die inhaltliche Arbeit und befruchten diese. Manchmal ergeben sich auch Herausforderungen, wenn wir zum Beispiel mit sich wiedersprechenden Ansätzen konfrontiert sind. Darüber kommen wir dann gemeinsam ins Gespräch, um einen guten Umgang damit zu bekommen.

 

Was ist euer Geheimtipp für die Arbeit zu Transdisziplinarität und transformativer Wissenschaft?

Wissen direkt anwenden. Durch die Tatsache, dass wir unsere Bildung selbst organisieren, können wir die Methoden, die wir im Projektmanagement lernen direkt anwenden. Durch die philosophischen und politischen Seminare können wir unsere Herangehensweisen kritisch reflektieren. In der Lehre und im Lernen können wir bildungstheoretische Ansätze ausprobieren und in der Erfahrung überprüfen. Und es macht Freude, in den unterschiedlichen Bereichen Querverbindungen zu entdecken und dadurch größere Zusammenhänge sehen zu lernen.

 

Welche institutionellen und/oder strukturellen Faktoren erschweren euch die Aktivitäten im Bereich Transdisziplinarität und transformative Wissenschaft?

Die Anforderungen der Akkreditierung setzen uns in einigen Bereichen wie eigenen Hausarbeiten etc einen festeren Rahmen, als wir ihn uns setzen würden. Allerdings ist es auch interessant, die Spannungsfelder wahrzunehmen und einen eigenen Weg der Vermittlung zu gehen.

So erproben wir auch andere Formen von Prüfungsleistungen wie das Lerntagebuch, welches wir so entwickelt haben, dass es als wissenschaftliche Arbeit geeignet ist.

Stand: Mai 2021